Beweislast im Zivilprozess

Was bedeutet Beweislast im Zivilprozess?

Beibringungsgrundsatz

In einem streitigen Zivilprozess trägt jede Partei die Beweislast für ihre Behauptung (sog. Beibringungsgrundsatz).

Einfache Regel

Wenn ich etwas behaupte, so muss ich auch in der Lage sein, meine Behauptung zu beweisen.

Kann ein Kläger seine Behauptungen nicht beweisen, so wird seine Klage abgewiesen; im Gegenzug wird ein Beklagter, der die Behauptungen zu seiner Entlastung nicht beweisen kann, verurteilt.

Tatsache beweisen

Wird eine Tatsache von der beweisbelasteten Partei vorgetragen, so hat diese Partei bei einem Bestreiten der Gegenseite diese Behauptung zu beweisen. Dazu stellt sich regelmäßig einen Antrag auf Beweiserhebung. Dieser muss zwingend das Beweisthema benennen und das Beweismittel genau bezeichnen.

Beweiswürdigung

Die Beweislast im Zivilprozess steuert nicht nur die Beweisaufnahme sondern auch die Beweiswürdigung. Der Hauptbeweis ist von der beweisbelasteten Partei aus zu führen. Für die Beweiserbringung muss das Gericht von der Richtigkeit der Beweisbehauptung überzeugt werden. Die Gesetzgebung spricht hier von der vollen Überzeugung bzw. von der bloßen Glaubhaftmachung. Ist dies erfolgt, muss ein Gegenbeweis von der Beweisgegnerin geführt werden.
Im Grundsatz gilt zwar die sog. freie Beweiswürdigung, doch dabei handelt es sich nicht um einen rein subjektiven Vorgang. Vielmehr wird verlangt, dass der Richter im Urteil objektive Gründe angibt (§ vgl. § 286 Absatz 1 ZPO). Das Gericht muss also von der Richtigkeit der Beweisbehauptung überzeugt werden. Bestehen von richterlicher Seite Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen der Beweisbehauptung durch die Beweisgegnerin, führt die zu einer Erschütterung des Hauptbeweises.

Wenn bereits der Hauptbeweis misslingt, muss die Gegenpartei keinen Gegenbeweis darlegen, weil in so einem Fall die Beweisführungslast gar nie auf die Beweisgegnerin übertragen wurde.

Anscheinsbeweis

Der sog. Anscheinsbeweis greift regelmäßig bei „typischen Geschehensverläufen“. Dadurch werden, gestützt auf Erfahrungssätze, Schlüsse von bewiesenen auf zu beweisende Tatsachen gezogen.

Beispiel

Der Hintermann fährt dem Vordermann auf. Aufgrund des Anscheinsbeweises liegt die Schuld hier beim Hintermann. Dieser muss also beweisen, dass der Auffahrunfall nicht wegen eines Fahrfehlers von ihm, sondern wegen des Vordermannes zustande gekommen ist.

Non liquet

Kann im Anschluss an eine Beweisführung nicht eindeutig festgestellt werden, ob eine Tatsache, ein Umstand oder eine Sachlage uneingeschränkt glaubwürdig ist, obliegt es dem Richter, eine Entscheidung in Bezug auf die Tatsachenlage zu treffen. Dieser Schwebezustand der Entscheidungsfindung bezeichnet man als „non liquet“. Der Begriff stammt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt so viel wie „nicht klar“.

Rechtsanwalt Ferdi Özbay
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