Rotlicht für Linksabbieger

Liegt ein „qualifizierter Rotlichtverstoß“ vor, wenn Sie auf der Geradeausspur bei Rot stehen und während der Grünphase für die Linksabbiegerspur in die Kreuzung einfahren und anschließend nach links abbiegen?

Grüner Abbiegepfeil von der falschen Fahrspur

Ein qualifizierter Rotlichtverstoß liegt nicht vor, wenn der Betroffene mit dem Fahrzeug während der Grünphase für die Linksabbiegerspur auf der (mittleren) Geradeausspur trotz des für diese Spur abgestrahlten roten Ampellichtes in die Kreuzung einfährt, um anschließend nach links abzubiegen, KG, Beschluss vom 23. 3. 2001 – 2 Ss 33/013 Ws (B) 84/01.

Urteil

Das Amtsgericht hat den Betroffenen „wegen einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit“ zu einer Geldbuße verurteilt und ihr für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen.

BGH Entscheidung

Das für den Betroffenen auf der Geradeausspur maßgebliche Rotlicht sperrte die Einfahrt in die Kreuzung ohne jede Einschränkung und unabhängig davon, in welcher Richtung die Betroffene anschließend weiterfuhr (vgl. BGHSt 43, 285, 291).

KG, Beschluss vom 23. 3. 2001

Der Rechtsfolgenausspruch hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Amtsgericht hat sich zu Unrecht an den Regelfolgen orientiert, die der Bußgeldkatalog für einen qualifizierten Rotlichtverstoß vorsieht. Die maßgebliche Rotphase des Geradeausverkehrs dauerte zwar länger als eine Sekunde an, als sie in die Kreuzung einfuhr. Jedoch ist die in Nr. 132.3 BKat vorgesehene Regelahndung nicht bei jedem Verstoß, der über eine Sekunde nach Beginn der Rotphase begangen wird, indiziert. Die in den Bußgeldkatalog eingefügte Nr. 132.3 soll eine schärfere Ahndung besonders schwerwiegender Rotlichtverstöße erlauben. Die – häufig im Zusammenhang mit überhöhter Geschwindigkeit begangene – Missachtung eines Wechsellichtzeichens bei länger als einer Sekunde andauernder Rotlichtphase ist nach der amtlichen Begründung (VkBl. 1991, 702, 704) als besonders gefährlich anzusehen, weil sich der Querverkehr – insbesondere auch Fußgänger – nach dieser Zeit bereits in dem Bereich der durch Rotlicht gesperrten Fahrbahn befinden kann.

Kein schwerwiegender Rotlichtverstoß

Im vorliegenden Fall liegt ein derartiger „besonders schwerwiegender Rotlichtverstoß“ nicht vor. Wie bereits ausgeführt, ist davon auszugehen, dass die Grünphase für die Linksabbieger andauerte, als der Betroffene von der Mittelspur aus in die Kreuzung einfuhr. Es erscheint daher ausgeschlossen, dass zu diesem Zeitpunkt die während der Grünphase für die Linksabbieger notwendige Sperrung des Querverkehrs aufgehoben war und bevorrechtigter Querverkehr durch die Fahrweise der Betroffenen abstrakt gefährdet wurde.

Subjektive Vorwerfbarkeit

In subjektiver Hinsicht fehlen ausreichende Belege dafür, dass das Befolgen des grünen Abbiegepfeils von der falschen Spur aus nicht auf bloße Unachtsamkeit, sondern auf grobe Nachlässigkeit, Rücksichts- oder Verantwortungslosigkeit zurückzuführen ist.

Rechtsanwalt Ferdi Özbay
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